Brot ist seit tausenden von Jahren ein fester Bestandteil unserer Ernährung und Kultur. Ob knuspriges Baguette, herzhaftes Roggenbrot oder ein einfaches, frisch gebackenes Bauernbrot – die Vielfalt an Brotsorten ist beeindruckend und spiegelt die Traditionen und Geschmäcker verschiedener Regionen wider.
Doch so gut ein frisch gebackenes Brot schmeckt, viele Menschen vertragen es immer schlechter, wobei häufig Gluten als Auslöser angesehen wird.
Ob das die ganze Wahrheit ist und welche Rolle Brot im Ayurveda spielt, erfahren Sie im aktuellen Artikel.
Die Deutschen und ihr Brot, das gehört in vielen Köpfen unweigerlich zusammen, denn deutsche Backkunst ist weltweit bekannt und beliebt. So beliebt, dass die UNESCO das heimische Brot 2014 in das immaterielle Kulturerbe Deutschlands aufnahm. Laut dem deutschen Brotregister werden täglich über 3000 Sorten hergestellt und verkauft. Pro Haushalt werden schätzungsweise über 42 Kilo Brot pro Jahr verzehrt, dabei erfreuen sich Mischbrote aus Weizen- und Roggenmehlen und das klassische Toastbrot der größten Beliebtheit.
Getreide spielt in der Ernährung des Menschen seit über 30.000 Jahren eine Rolle, zu Beginn noch in roher Form und seit circa 22.000 Jahren auch als gekochter Getreidebrei. Dabei haben sich die Menschen von wild wachsenden Süßgräsern ernährt und erst vor 11.000 Jahren mit dem Anbau begonnen. Das gezielte Anbauen hat dafür gesorgt, dass die damaligen Menschen sesshaft wurden. Den klassischen Sauerteig, heute Hermann genannt, wurde von den Ägyptern vor rund 6000 Jahren erfunden und stellt bis heute eine wichtige Grundlage für die Herstellung von Brot dar.
Heutzutage steht für viele Menschen Brot täglich auf dem Speiseplan und wird sogar mehrmals am Tag verzehrt, oft zum Frühstück und zur Brotzeit am Abend. Im Ayurveda dagegen spielt Brot nur eine untergeordnete Rolle. Getreide wird hier eher in Form von Getreidebrei, in Suppen und als frisch hergestelltes Fladenbrot, wie dem Chapati, gegessen.
Bauchschmerzen durch Brot
Über die letzten Jahrzehnte haben die Verdauungsbeschwerden in den westlichen Ländern massiv zugenommen; viele Menschen klagen über Völlegefühl, Blähungen und Bauchschmerzen. Dabei spielt Brot eine tragende Rolle, denn die industriell gefertigten Backwaren basieren häufig auf genmanipulierten Getreidesorten, enthalten zahlreiche Zusatzstoffe zur Verlängerung der Haltbarkeit und unterliegen zeitsparenden Backverfahren, welche die Verdauung stark belasten können. Oft wird dann dem enthaltenen Gluten die Ursache zugeschoben, was sicher oft genug der Fall sein mag, da der Glutenanteil inzwischen über 50% des Proteinanteils von Weizen ausmacht. Gleichzeitig beobachten viele Menschen, dass nach dem Verzehr von selbst hergestelltem glutenhaltigem Brot weniger oder keine Beschwerden auftreten, somit kann Gluten allein nicht immer der Übeltäter sein.
Woher kommen dann die Beschwerden?
Hier spielen mehrere Faktoren eine wichtige Rolle. Neben dem heute sehr hohen Glutengehalt ist vor allem die fehlende Zeit in der Zubereitung zu nennen. Ein klassisches Sauerteigbrot durchläuft einen dreistufigen Prozess der Teigführung von jeweils 8-10 Stunden, wodurch die enthaltenen Milchsäurebakterien das Getreide vorverdauen. Die Bakterien und Hefen aktivieren dabei Enzyme, die Gluten und sogenannte FODMAP´s abbauen. Unter FODMAP´s werden kurzkettige fermentierbare Kohlenhydrate verstanden, die z.B. in Getreide, Obst, Gemüse und Milchprodukten in unterschiedlich starker Ausprägung vorkommen und zu Bauchbeschwerden führen können, wenn sie im Darm nicht richtig verdaut werden und dann zu starker Gasbildung führen können.
Enthaltende Zuckerstoffe, sogenannte Fruktane, in Weizen und Roggen zählen zu den FODMAP´s und werden in der industriellen Schnellverarbeitung kaum abgebaut, wodurch gärende Bakterien im Darm damit gefüttert werden und dann ebenfalls für starke Gasbildung sorgen.
Somit ist Zeit ein entscheidender Faktor, nicht umsonst heißt es im Volksmund: »Gut Ding will Weile haben«.
Die lange Teigführung sorgt somit dafür, dass das Brot besser verdaulich wird, länger haltbar bleibt und das Darmmikrobiom von den enthaltenen Milchsäurebakterien sogar noch profitieren kann. Bereits eine Teigruhe von 4 Stunden sorgt für eine Reduktion der FODMAP´s um 90% und aktiviert das Enzym Phytase, welches die im Vollkorn enthaltene Phytinsäure spaltet. Phytinsäure bindet im Darm Eisen und Zink, die damit dem Nahrungsbrei entzogen werden, was somit zu Mineralstoffmangel führen kann. Das Unschädlichmachen sorgt also für eine verbesserte Nährstoffaufnahme und spricht einmal mehr dafür, sich in der Herstellung ausreichend Zeit zu lassen. In der Industrie wird versucht, die fehlende Zeit durch die Zugabe von rund 250 künstlichen Enzymen auszugleichen, was jedoch nicht wirklich gelingt.
Brot aus ayurvedischer Perspektive
Im Ayurveda gibt es keine Verbote, sondern die Auswahl der Lebensmittel sollte immer nach persönlicher Konstitution und der eigenen Verdauungskraft erfolgen. Somit kann auch Brot bewusst und in Maßen genossen werden, wenn es für den Einzelnen gut verträglich ist. Jedoch sollte dabei die Herstellung, die Zutaten und die Zusatzstoffe berücksichtigt werden.
Menschen mit einer Vata-Dominanz sollten tendenziell eher zurückhaltend mit Brot und Hefe sein; durch den Backvorgang wird viel Feuchtigkeit entzogen, was die trockenen und rauen Eigenschaften von Vata verstärken kann. Somit kann ein Zuviel an Brot zu Blähungen und Verstopfung führen. Empfehlenswert sind vor allem Sauerteigbrote mit Dinkelmehl, sowie leichtes Antoasten und das Bestreichen mit Butter oder Ghee, um die Bekömmlichkeit zu erhöhen.
Bei einem Pitta-Überschuss dagegen kann Sauerteigbrot unter Umständen bereits bestehendes Sodbrennen verstärken. Auch sollten Brote auf der Basis von Roggen, Hirse und Mais eher zurückhaltend gegessen werden, da diese erhitzend wirken, während Brote mit den Getreidesorten Weizen, Dinkel und Gerste oft besser vertragen werden.
Menschen mit einem hohen Kapha-Anteil vertragen am besten Sauerteigbrot, hergestellt aus Buchweizen, Dinkel, Hirse und Roggen. Auch trockenes Knäckebrot und Reiswaffeln sind empfehlenswert, da sie die feuchten Eigenschaften von Kapha ausgleichen. Insgesamt sollte aber aufgrund des hohen Nährwerts Brot nur in kleinen Mengen und auch nicht täglich genossen werden.
Im Ayurveda werden zu warmen Mahlzeiten gern frisch gebackene Chapatis oder Papadams gereicht. Chapatis werden traditionell aus Weizenmehl, Wasser und Salz hergestellt und kommen ganz ohne Hefe und Backtriebmittel aus. Frisch zubereitet sind sie in der Regel gut bekömmlich. Eine Alternative bieten Papadams aus Linsenmehl. Diese werden hauchdünn ausgerollt und kurz in heißem Öl in der Pfanne frittiert.
Für wen das zu exotisch ist und wer nicht auf sein geliebtes Brot verzichten möchte, dies aber eventuell nicht gut verträgt, der sollte sich mal näher mit gekeimtem Getreidebrot auseinandersetzen. Während des Keimprozesses entstehen wertvolle Enzyme, die das schwer verdauliche Eiweiß in leicht verwertbare Aminosäuren aufspalten und die Stärke umwandeln. Das bekannteste Brot in Reformhäusern und Naturkostläden ist das sogenannte Essener Brot, welches bei unter 100 Grad gebacken wird und einen besonders niedrigen glykämischen Index von unter 50 aufweist.
Ebenso ist gekeimtes Mehl erhältlich, welches für das Backen zuhause verwendet werden kann, dieses Mehl ist deutlich bekömmlicher und sehr reich an Nährstoffen, die durch den Keimprozess erst aktiviert und vermehrt werden.
Auch empfiehlt der Ayurveda grundsätzlich, Brot vor dem Verzehr zu toasten, auch Vollkornbrot, da Agni durch Erhitzen gesteigert wird und dieser kleine Kunstgriff jedes Brot leichter verdaulich werden lässt.
Abschließend möchten wir Sie noch daran erinnern, wie wichtig gutes Kauen und Einspeicheln der Nahrung ist, denn die Verdauung beginnt im Mund. Die enthaltene Stärke wird beim Kauen durch das Enzym Ptyalin vorverdaut, welches so nur im Speichel vorkommt. Wird zu hastig gegessen und zu schnell heruntergeschluckt, gelangt die Stärke unverdaut in den Magen und kann dort nicht mehr ausreichend aufgespalten werden. In der Folge kommt es zu Gärungsprozessen, die u.a. zu Blähungen, Bauchschmerzen und Sodbrennen führen.
Wer Brot nicht gut verträgt, sollte sich daher folgende Fragen stellen:
- Vertrage ich Gluten oder liegt möglicherweise eine Glutenunverträglichkeit vor?
- Vertrage ich selbst gebackenes Brot besser als gekauftes Brot?
- Esse ich zu viel und zu häufig Brot und/ oder kombiniere ich das Brot mit schwer verdaulichen Belägen, wie Käse und Wurst?
- Esse ich Brot zu ungünstigen Zeiten, wie sehr spät am Abend und überfordere ich damit meine persönliche Verdauungskraft?
- Was für Alternativen könnte ich zu den bisherigen Brotsorten kaufen oder mal selber backen?
- Habe ich einen Biobäcker in der Region, der hochwertige Brote backt?
Die Antworten darauf sind sicher ganz individuell und können dazu beitragen, bessere Entscheidungen zu treffen und sich deutlich vitaler und wohler nach dem Essen zu fühlen.
Mit herzlichen Grüßen Ihr Maharishi-Ayurveda-Team aus Bad Ems!
© Maharishi Ayurveda Privatklinik Bad Ems
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