Süß und ungesund?

Die Rolle von Süßem im Ayurveda Teil II

Zucker ist ein wirklicher Alleskönner, er wirkt appetitanregend, geschmacksverstärkend, nährend, aufbauend und beruhigend auf das Gemüt. Nicht umsonst gelüstet es uns nach Süßem in besonders stressigen Phasen.

Mit Süßem werden wir von Geburt an groß, denn auch die Muttermilch hat einen süßen Geschmack, welches das Baby nährt und aufbaut in der Kapha-Phase seines Lebens.

Süßes finden wir überall vor, wo Kohlenhydrate enthalten sind, wie in Früchten, aber zum Beispiel auch in Reis, Kartoffeln, Getreide und vielen anderen Lebensmitteln. Dabei liegt der Zucker nicht einfach in kristalliner Form vor, wie beispielsweise in Haushaltszucker, sondern clever verpackt in chemischen Strukturen, die der Körper dann durch seine Enzyme aufspaltet und in kleinste Teile zerlegt.

Kohlenhydrate sind eine der Hauptquellen für Energie im menschlichen Körper. Ihre Verdauung beginnt bereits im Mund, wo Enzyme wie Amylase mit dem Stärkeabbau beginnen. Das ist einer der Gründe, warum es so wichtig ist, ausreichend (mindestens 20x) zu kauen: Um dem Körper die Verdauungsarbeit zu erleichtern und dem Magen gut zerkleinerte und eingespeichelte Bestandteile anzubieten. Ein Punkt, der in unserer hektischen Zeit oft zu kurz kommt und viele Verdauungsbeschwerden verursacht.

Im Magen und Darm setzen sich diese Verdauungsprozesse fort. Dort werden die Kohlenhydrate weiter in ihre einzelnen Zuckermoleküle aufgespalten und über den Dünndarm aufgenommen. Die aufgenommenen Zucker gelangen dann über die Blutbahn zur Leber, wo sie weiterverarbeitet werden. Die Bauchspeicheldrüse produziert das Hormon Insulin, das den Glukosetransport in die Zellen reguliert und die Aufnahme von Glukose aus dem Blutkreislauf fördert. Ein Teil dieser aufgenommenen Glukose wird in der Leber und in den Muskelzellen als Glykogen gespeichert. Glykogen dient als kurzfristiger Energiespeicher und kann bei Bedarf rasch in Glukose umgewandelt werden, um den Energiebedarf des Körpers zu decken. Überschüssige Glukose, die nicht sofort als Energie verwendet wird, kann in Fettmoleküle umgewandelt und im Fettgewebe gespeichert werden.

Es kursieren immer wieder Diäten, wie die berühmte Atkins-Diät, bei der die Kohlenhydratmenge drastisch reduziert und der Fettkonsum dafür stark erhöht wird, mit dem Ziel einer schnellen Gewichtsabnahme. Unter bestimmten Bedingungen, wie z. B. bei extrem niedriger Kohlenhydrataufnahme, kann der Körper beginnen, Fettsäuren in der Leber zu Ketonkörpern umzuwandeln, die dann als alternative Energiequelle für das Gehirn und andere Gewebe dienen können. Dies ist jedoch langfristig keine gute Option, denn unser Körper funktioniert primär über Glukose, allein unser Gehirn verbraucht von der täglich aufgenommenen Menge circa 20%! Und Spaß macht es den meisten auch nicht.

Im Ayurveda orientieren sich Ernährungsempfehlungen anhand der Konstitution und des persönlichen Ungleichgewichts. Leidet ein Mensch beispielsweise an einem starken Kapha-Überschuss mit zu hohem Gewicht, wird eine Reduktion von Süßem, Saurem und Salzigem empfohlen, sowie eine Reduktion von weißen Lebensmitteln, wie Reis, Joghurt, Käse und Getreide. Also alles Nahrungsmittel mit eher hohem Kohlenhydratanteil.

Eine Regulierung findet somit auch im Ayurveda statt, diese basiert jedoch eher auf den Qualitäten von Nahrungsmitteln und ihrem Geschmack, anstelle von Nährwerttabellen, wodurch ein intuitiver Umgang mit Lebensmitteln gefördert wird.

Doch oft ist eine intuitive Ernährung nicht so einfach, da in der Industrie gezielt mit versteckten Zuckern, Salz und Fetten gearbeitet wird, die im Gehirn das Belohnungszentrum aktivieren und gesunde Entscheidungen regelrecht aushebeln.

Zuckerfallen beim Einkaufen erkennen

Im Ayurveda wird eine naturbelassene, regionale und saisonale Ernährungsweise am besten in biologischer Qualität empfohlen, also möglichst wenige verarbeitete und abgepackte Produkte.

Diese sollten den kleinsten Teil im Einkaufskorb ausmachen und sorgfältig ausgesucht werden. Das Erkennen von Zuckerfallen im Supermarkt erfordert Aufmerksamkeit beim Lesen von Lebensmitteletiketten und eine bewusste Auswahl von Produkten:

1. Lesen Sie die Zutatenliste: Die Zutatenliste auf der Verpackung gibt Aufschluss darüber, welche Inhaltsstoffe in einem Produkt enthalten sind. Achten Sie auf Begriffe wie „Zucker“, „Glukose“, „Fruktose“, „Sirup“, „Dextrose“ und andere zuckerähnliche Bezeichnungen. Je weiter vorne ein solcher Begriff in der Liste der Inhaltsstoffe steht, desto mehr davon enthält das Produkt.

2. Achten Sie auf verschiedene Namen für Zucker: Zucker kann unter vielen verschiedenen Namen auftauchen. Einige Beispiele sind Maissirup, Ahornsirup, Melasse, Agavensirup, Reissirup und Honig. 

3. Prüfen Sie den Nährwert: Schauen Sie auf den Abschnitt „Nährwertangaben“ auf der Verpackung. Beachten Sie den Abschnitt “davon Zucker“ oder „Zucker“. Eine grobe Faustregel ist, dass 4 Gramm Zucker etwa einem Teelöffel entsprechen.

4. Achten Sie auf verarbeitete Lebensmittel: Verarbeitete Lebensmittel wie Fertiggerichte, Snacks, Frühstückscerealien, Ketchup, Soßen, Dressings und Frucht-Joghurt enthalten fast ausnahmslos versteckten Zucker. Wählen Sie stattdessen ganze Lebensmittel wie frisches Obst, Gemüse und Vollkornprodukte.

5. Vorsicht bei vermeintlich „gesunden“ Produkten: Einige Lebensmittel, die als „gesund“ oder „naturbelassen“ vermarktet werden, können dennoch viel Zucker enthalten. Überprüfen Sie immer die Etiketten, um sicherzustellen, dass Sie die richtige Wahl treffen.

6. Vergleichen Sie Produkte: Vergleichen Sie ähnliche Produkte verschiedener Marken, um das Produkt mit dem geringsten Zuckergehalt zu finden. Einige Marken bieten zuckerarme oder zuckerfreie Alternativen an.

7. Wählen Sie unverarbeitete Lebensmittel: Fokussieren Sie sich auf unverarbeitete Lebensmittel wie frisches Obst, Gemüse, Samen, Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte. Diese haben in der Regel einen niedrigeren Zuckeranteil.

8. Selbst kochen: Das Zubereiten von Mahlzeiten zu Hause gibt Ihnen die Kontrolle über die Zutaten und den Zuckergehalt. So können Sie sicherstellen, dass keine versteckten Zuckerquellen hinzugefügt werden.

9. Beachten Sie die Portionsgröße: Die Portionsgröße auf der Verpackung kann den Zuckergehalt beeinflussen. Vergewissern Sie sich, dass Sie die Portionsgröße berücksichtigen, um den tatsächlichen Zuckergehalt richtig einzuschätzen.

Künstliche Süßstoffe erkennen

Vielen Menschen fällt es schwer, auf Süßes zu verzichten oder sich mit frischen Lebensmitteln zu ernähren und denken, sie tun sich etwas Gutes durch die Wahl von Diätprodukten, die Süßstoffe oder Zuckeraustauschstoffe enthalten. Im letzten Beitrag haben Sie bereits erfahren, warum das keine gute Idee ist und Sie sich damit langfristig Schäden am Darm und Ihrem Mikrobiom zuführen. Einige Menschen reagieren auf Austauschstoffe, wie Sorbitol mit Blähungen, Sodbrennen und Durchfall, können ihre Beschwerden aber nicht recht zuordnen. Hier lohnt es sich immer, neben den klassischen Auslösern, wie Laktoseunverträglichkeit, auch auf Zuckerersatzstoffe zu schauen und diese zumindest für eine Zeitlang mal komplett vom Speiseplan zu streichen und zu beobachten, ob damit Verdauungsbeschwerden nachlassen.

Zunächst ist es jedoch wichtig, Süßstoffe von Zuckeraustauschstoffen zu unterscheiden.

Süßstoffe haben eine 30-3000-fach höhere Süßkraft als Zucker und enthalten fast keine Kalorien. Sie kommen besonders oft in Softgetränken und in Fitnessprodukten, wie Shakes und Proteinpulvern mit Geschmack vor. In der EU sind 12 Süßstoffe zugelassen, die Sie meistens auf dem Etikett anhand von E-Nummern erkennen:

  • Acesulfam K (E 950)
  • Aspartam (E 951)
  • Cyclamat (E 952)
  • Saccharin (E 954)
  • Sucralose (E 955)
  • Thaumatin (E 957)
  • Neohesperidin DC (E 959)
  • Steviolglycoside aus Stevia (E 960a) – meist am besten verträglich
  • Enzymatisch hergestellte Steviolglycoside (E 960c)
  • Neotam (E 961)
  • Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962)
  • Advantam (E 969)

Davon abzugrenzen sind Zuckeraustauschstoffe, also Zuckeralkohole, auch als Polyole bekannt, die oft in Diabetiker-Produkten und in Bonbons und Kaugummis eingesetzt werden. Beispiele für Zuckeralkohole sind Sorbitol, Xylitol, Erythritol, Mannitol und Laktitol. Diese Verbindungen haben eine ähnliche Süßkraft wie Zucker, enthalten jedoch weniger Kalorien und haben oft weniger Einfluss auf den Blutzuckerspiegel. Sie werden im Dünndarm resorbiert und von Darmbakterien fermentiert, wodurch bei einer Darmfehlbesiedlung oder auch bei Unverträglichkeiten Blähungen und Durchfall entstehen können.

Folgende Stoffe können Ihnen in Lebensmitteln begegnen:

  • Sorbit (E 420)
  • Mannit (E 421)
  • Isomalt (E 953)
  • Maltit (E 965)
  • Lactit (E 966)
  • Xylit (E 967)
  • Erythrit (E 968)
  • Polyglycitolsirup (E 964)

Um all diese Stoffe beim Einkaufen zu erkennen, sollten Sie sich das Etikett genau anschauen und bei Unsicherheit das Produkt über eine App wie “Code Check” durch das Scannen des Barcodes prüfen (funktioniert auch sehr gut für Haushaltsprodukte und Kosmetik). Bedenkliche Stoffe werden Ihnen sofort angezeigt, was ein gesünderes Einkaufen deutlich erleichtert und Ihre Wahrnehmung für künstliche Zusätze schärft.

Eine ayurvedische orientierte Ernährungsweise setzt auf natürliche Lebensmittel, die der eigenen Konstitution und der eigenen Verdauungskraft (Agni) gerecht werden. Künstliche Produkte, die E-Nummern mit Süßstoffen, Farbstoffen, Emulgatoren und Konservierungsstoffen enthalten, zählen nicht dazu und stören nachhaltig eine gesunde Funktionsweise des Darms. Daher empfehlen wir Ihnen, diese weitestgehend zu meiden und bei Verdauungsstörungen einen Auslassversuch von mindestens 30 Tagen durchzuführen. Gern können Sie Ihren Darm zusätzlich unterstützen durch einen selbst gemachten Detox-Tee und durch regelmäßig durchgeführte Entlastungstage.

Ayurvedisches Essen

Gesundheit darf einfach sein, indem wir manchmal einfach mehr weglassen, statt noch etwas hinzuzufügen und besser auf unseren Körper hören, der in der Regel ganz genau weiß, was ihm guttut und was nicht.

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© Maharishi Ayurveda Privatklinik Bad Ems

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