Dinacharya – ayurvedische Tipps für einen ausgeglichenen Tag

In der Charaka Sutrasthana, eine der alten vedischen Schriften, gibt es einige Kapitel, die sich mit der Tagesgestaltung und dem Biorhythmus beschäftigen. 
Diese Empfehlungen haben bis heute nichts an ihrer Aktualität verloren und sind in hektischen Zeiten wichtiger denn je, um ein stabiles Gerüst für die eigene Gesundheit zu bilden. Ein sinnvoll strukturierter Tag dient als Leitplanke für einen ausgeglichenen Lebensstil und berücksichtigt neben gesundheitsfördernden Routinen auch die persönlich passende Ernährung, ein ausreichendes Maß an Bewegung und gesunden Schlaf. Das Ziel besteht darin die größtmögliche Lebensqualität zu erreichen und das eigene Potenzial voll ausschöpfen zu können, indem es uns gelingt, die innere und äußere Natur bestmöglich zusammenzubringen.

Eine große Rolle spielen die Rhythmen, die uns von der Natur vorgegeben werden und die sich in unterschiedlichen Grundenergien im Laufe eines Tages widerspiegeln. Jede Tageszeit hat ihre eigene Qualität und hängt eng mit den Doshas Vata, Pitta und Kapha zusammen. Vielleicht konnten Sie das schon an sich selbst beobachten, dass Verdauungsleistung, Stimmung und Energieniveau im Tagesverlauf sehr unterschiedlich ausfallen können. Genau diese Punkte und noch viele weitere Stoffwechselvorgänge werden durch die drei Bioenergien maßgeblich gesteuert. Hier setzt Dinacharya an und hilft uns die Zyklen der drei Doshas optimal für die eigene Vitalität zu nutzen.

Der Morgen im Ayurveda

Im Ayurveda beginnt der Tag recht früh,  im Idealfall sogar vor 6 Uhr. In den Veden wird beschrieben, dass ein gesunder Mensch in den ersten drei Stunden des Tages aufstehen sollte, also zwischen 3 und 6 Uhr morgens. Das klingt im ersten Moment sehr abschreckend und wenig verlockend. Die Idee dahinter ist sich die Energiequalität von Vata zunutze zu machen, die zwischen 2 und 6 Uhr morgens vorherrscht. In dieser Zeit ist der Körper leicht und agil und das Aufstehen deutlich leichter. Nach 6 Uhr beginnt die Kapha-Zeit, die eher von einer Schwere und Trägheit geprägt ist. Daher kann es leichter sein um kurz vor 6 Uhr oder spätestens kurz vor Sonnenaufgang aufzustehen, statt deutlich später, wenn sich der Körper eher müde und bleiern anfühlt.

 

Abhyanga

Die Morgenroutine

Nach dem Aufstehen wird empfohlen direkt ein warmes Glas Wasser zu trinken, um den Magen-Darm-Trakt aufzuwecken. Häufig reicht dieser Reiz schon aus, um neben der Blase auch den Darm leicht entleeren zu können.
Anschließend wird die Zahnhygiene durchgeführt. Hier können Sie mit einem Zungenschaber oder alternativ mit einem Esslöffel die Zunge von hinten nach vorn sanft abschaben. Durch das Schaben entfernen Sie nicht nur Zungenbelag, sondern wecken auch die inneren Organe auf. Diese bilden sich nämlich auf der Zunge ab und werden durch den Reiz stimuliert. Nach dem Abschaben der Zunge erfolgt das Putzen der Zähne und anschließend das klassische Ölziehen.
Hierfür kann ein Esslöffel mit Sesam- oder Kokosöl verwendet werden, der für fünf Minuten im Mund hin und her bewegt wird. Ähnlich wie bei einer Mundspüllösung.

Ölziehen ist sehr heilsam für Zähne und Zahnfleisch und hat einen entgiftenden Effekt. Toxine werden im Öl gebunden und somit effektiv ausgeschieden. Bei regelmäßiger Anwendung werden die Zähne heller und Zahnhälse weniger empfindlich, da das Öl einen Schutzfilm auf den Zähnen bildet, der den restlichen Tag einer übermäßigen Bakterienbildung vorbeugt.

Nasya-ÖlNach der Zahnhygiene folgt die Reinigung der Nase mit einer Nasenspülung, dem sogenannten Neti. Hierfür wird ein Nasenkännchen benötigt, welches mit einer Salzlösung gefüllt wird (am besten immer hochwertiges Stein- oder Himalayasalz verwenden). Sie können ½ Teelöffel Salz in das Kännchen geben und mit warmen Wasser auffüllen. Das lauwarme Salzwasser reinigt die Nasenschleimhaut, löst Ablagerungen und stärkt die Sinneswahrnehmungen und ist besonders Menschen mit Störungen im HNO-Bereich und der Schilddrüse zu empfehlen. Als ergänzende Pflege der Schleimhaut können auch ayurvedische Nasentropfen, Sesamöl oder Ghee verwendet werden.

In der klassischen Literatur wird der Selbstmassage, dem Abhyanga, eine große Bedeutung beigemessen. Der tägliche Abhyanga wird empfohlen, um den Körper zu reinigen und gleichzeitig den Geist zu entspannen. Denn die Haut ist das größte Organ des Menschen und über Nervenbahnen und Reflexbögen mit allen inneren Organen verbunden. Über sanfte Berührung der Haut schaffen wir eine natürliche Verbindung zu uns selbst und schenken uns liebevolle Aufmerksamkeit.
Gleichzeitig wird der ganze Stoffwechsel belebt und die zahlreichen Umwandlungsprozesse im Körper angeregt. Eine genaue Anleitung zur Durchführung und weitere interessante Hintergründe zur ayurvedischen Ölmassage finden Sie zum Nachlesen hier: Abhyanga für zuhause.

Yoga, Meditation und Pranayama

Neben den beschriebenen Routinen, um den Körper zu pflegen und optimal auf den bevorstehenden Tag vorzubereiten, spielen auch Bewegung, Atemübungen und Meditation eine wichtige Rolle für das eigene Wohlbefinden.

Eine leichte sportliche Betätigung am Morgen auf leeren Magen wirkt Kapha-reduzierend und Ama-abbauend. Sie fühlen sich danach erfrischt und wach, wenn das Maß an Belastung Ihrer persönlichen Konstitution entspricht. Planen Sie am Morgen mindestens 15 Minuten für Bewegung ein und suchen sich etwas, dass Ihnen Freude bereitet. Routinen sollen Halt geben und entlasten aber zu keinem neuen Stress führen. Mögliche Ideen für Bewegung können ein paar Sonnengrüße sein, ein kurzer, knackiger Spaziergang an der frischen Luft, tanzen zur Lieblingsmusik oder hüpfen auf dem Trampolin. Trauen Sie sich zu experimentieren und Ihre Routinen immer wieder an Ihre Bedürfnisse anzupassen.

Nach einer Bewegungseinheit fällt es den meisten Menschen deutlich leichter in die Stille zu kommen, um zu meditieren. Allgemein eignet sich die Zeit am Morgen sehr gut zur Meditation, weil der Geist noch frei und nicht vom Alltag belastet ist. Wenn Sie damit bisher keine Erfahrung gesammelt haben, probieren Sie einfach mal fünf Minuten in Stille zu sitzen und die Ein- und Ausatmung zu beobachten. Es ist völlig in Ordnung, wenn dabei Gedanken auftauchen. Es ist nicht das Ziel der Meditation keinerlei Gedanken mehr zu haben, sondern das Bewusstsein dafür zu schulen und Gedanken schneller ziehen zu lassen.

Auch Atemübungen, das sogenannte Pranayama, wirken unglaublich belebend und schließen die Schnittstelle zwischen Körper und Geist. Prana ist die Lebensenergie, die durch bewusstes Atmen gesteigert werden kann. Im Yoga sind zahlreiche verschiedene Atemübungen bekannt, für Anfänger und für jeden geeignet ist die leichte Wechselatmung. Sie wird zu Beginn oder zum Ende einer Yoga Einheit durchgeführt und sorgt für Balance im körpereigenen System.

 

Kurze Anleitung zur Wechselatmung

Für die Wechselatmung halten Sie sich abwechselnd ein Nasenloch zu und atmen durch das andere ein. Dazu können der Daumen und der Ringfinger einer Hand benutzt werden. Beginnen Sie mit der Einatmung über das linke Nasenloch, während das rechte verschlossen ist. Halten Sie kurz die Luft an und atmen dann über das rechte Nasenloch wieder aus. Wieder kurz die Luft anhalten und anschließend rechts wieder einatmen, kurz halten, links wieder ausatmen.

Tipp: Ideal ist es natürlich, wenn Sie Meditation und Wechselatmung unter Anleitung eines erfahrenen Yoga- bzw.-Meditationslehrers lernen. Im Maharishi Ayurveda empfehlen wir besonders die Technik der Transzendentalen Meditation, da sie leicht und natürlich ist, gleichzeitig hocheffektiv und wissenschaftlich am besten von allen Meditationsformen untersucht wurde. www.meditation.de

 

Tagesplanung

Besonders für Menschen mit hohem Vata-Anteil ist es sehr wichtig eine gute Tagesplanung zu haben, um sich in all den Anforderungen nicht zu verlieren und unnötig neuen Stress zu erzeugen. Zusätzlich kann es Sinn machen sich zu überlegen, zu welcher Tageszeit bestimmte Aufgaben besonders leicht von der Hand gehen. Am Morgen lohnt es sich die schwierigsten Aufgaben des Tages anzugehen, da hier die beständige Kapha-Energie vorherrscht. Wenn viel Planung und Organisatorisches anfällt, ist die Zeit von 10-14 Uhr mit viel Pitta-Energie sehr gut geeignet. Am Nachmittag dagegen steigt das Vata, hier sollten eher leichte und kreative Arbeiten gewählt werden oder neuen Ideen nachgegangen werden. Wichtig ist es neben den zahlreichen To-dos, die täglich anfallen, auch ausreichend auf Pausen zu achten und diese aktiv mit einzuplanen, um immer wieder zur Ruhe zu kommen und nicht durch den Tag zu hetzen.

 

Nachtruhe

Am Abend empfiehlt es sich eine leichte, vegetarische, warme Mahlzeit zwischen 17 und 19 Uhr zu sich zu nehmen. Damit stellen Sie sicher, dass das Essen bis zum Schlafengehen verdaut und die Schlafqualität nicht beeinträchtigt wird. Der Ayurveda empfiehlt circa um 22 Uhr zu Bett zu gehen, damit die steigende Pitta-Qualität in dieser Zeit für transformative Prozesse auf Ebene der Körpergewebe zur Verfügung steht. Damit werden Nahrung aber auch alle geistigen Prozesse optimal verarbeitet und in der Nacht integriert, sodass Sie am Morgen tatkräftig und erfrischt aufwachen können. Zu langes Aufbleiben und spätes, schweres Essen stören diese Prozesse auf Dauer enorm, sodass sich dann zunehmend mehr Ama bildet, welches für Schwere im Körper aber auch im Geist führt. Wenn Sie Schwierigkeiten mit dem Einschlafen haben, können Sie beispielsweise Lavendelöl als Kissenspray oder verdünnt mit Mandelöl zur Fußmassage nutzen. Kleine Rituale am Abend fördern das zur Ruhe kommen und signalisieren dem Körper Entspannung.

Tipp zur direkten Umsetzung: Suchen Sie sich drei Dinge raus, die Sie mühelos umsetzen können und fangen Sie ab morgen damit an. Beobachten Sie, wie Sie sich damit fühlen und trauen Sie sich Ihre Routinen immer wieder Ihren Bedürfnissen anzupassen und Neues auszuprobieren.

Wir wünschen Ihnen viel Erfolg!

 

Den Beitrag zum Ausdrucken.

 

© Maharishi Ayurveda Privatklinik Bad Ems

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert