Intervallfasten aus Sicht des Ayurveda

Fasten ist eine jahrtausendealte Praxis, die Menschen aus verschiedenen Gründen durchführen. Beispielsweise aus gesundheitlichen Gründen oder als religiöse, spirituelle Praxis, um sich intensiver mit dem Göttlichen zu verbinden. Auch in der Tierwelt lässt sich natürliches Fasten bei kranken Tieren oder bei Lebewesen im Winterschlaf immer wieder beobachten.
Neben diesem gezielten Verzicht auf Nahrung gab es bis vor wenigen Jahrzehnten auch immer wieder Zeiten, in denen Menschen gezwungen waren, ohne Nahrung auszukommen; sei es durch schlechte Ernten, lange Winter oder Kriege. Unser Körper hatte somit über viele Jahrhunderte die Gelegenheit, sich auf diese Mangelzustände genetisch perfekt einzustellen.
Ein dauerhaftes Überangebot an Nahrung, wie es heute der Fall ist, ist für den Körper langfristig deutlich schlechter tolerierbar – dies bietet einen großen Nährboden für klassische Zivilisationskrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Rheuma. Wussten Sie, dass 90% aller Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch richtige Ernährung, Bewegung und Stressmanagement ausgeschlossen werden können?

Intervallfasten

Was steckt eigentlich hinter dem Trend Intervallfasten?

Unter Fasten im Intervall versteht sich ein kurzzeitiger Verzicht auf Nahrung mit dem Ziel, weniger Kalorien als sonst zu sich zu nehmen und dem Körper größere Zeiträume für die Regeneration zu geben. Dabei wird die Kalorienreduktion nicht durch Einschränkungen bei den jeweiligen Mahlzeiten erreicht, sondern durch längere Pausen zwischen den Mahlzeiten.
Den Effekt auf den Körper wird schon seit beginnendem 19. Jahrhundert wissenschaftlich untersucht und konnte im Tierversuch zeigen, dass sich die Lebensdauer erhöht, wenn sich das Gewicht reduziert. Zeitgleich verbesserten sich Vitalparameter wie Blutdruck und Blutzucker. Selbst auf das Wachstum von Tumorzellen wirkte sich die eingeschränkte Nahrungszufuhr positiv aus.
Diese Ergebnisse fanden lange Zeit wenig Beachtung, bis 2016 der japanische Wissenschaftler Yoshinori Ohsumi den Nobelpreis für Medizin und Physik für seine herausragenden Forschungsergebnisse zur Autophagozytose erhielt. Ein Prozess, der das Recycling von Zellbestandteilen beschreibt, ausgelöst durch vorübergehenden Nahrungsverzicht.
Ayurvedisch ausgedrückt bedeutet dies den gezielten Abbau von Ama (Toxinen) durch die Zelle selbst bei längeren Essenspausen, wodurch die Lebensdauer der einzelnen Zellen stark erhöht wird.
Somit konnte die Forschung bestätigen, was der Ayurveda schon seit Jahrtausenden kennt und therapeutisch nutzt: Maß halten führt zu einem längeren und gesünderen Leben.

Intervallfasten

Intervallfasten in der Umsetzung

Die wohl bekannteste Methode des Intervallfastens ist das sogenannte 16:8, wobei 16 Stunden keine Nahrung zu sich genommen wird und in den verbleibenden 8 Stunden gegessen wird. Diese Variante ist besonders für Einsteiger sehr gut umsetzbar, weil es sich nur wenig vom gewohnten Essens-Rhythmus unterscheidet. Wer beispielsweise abends um 18 Uhr seine letzte Mahlzeit zu sich nimmt und am nächsten Morgen nicht vor 10 Uhr frühstückt, hat bereits die 16 Stunden eingehalten.
Dieses Vorgehen deckt sich auch mit den Empfehlungen des Ayurveda das Abendessen möglichst früh und für eine bessere Bekömmlichkeit ohne tierische Produkte zu gestalten. Zeitgleich unterstützt das frühe, leichte Abendessen auch die Schlafqualität, die bei vielen Menschen durch späte, schwere Kost unnötig leidet.
Erste positive Effekte auf den Zellstoffwechsel können übrigens sogar bereits ab 14 Stunden Nahrungsverzicht erreicht werden.
Andere Formen des Intervallfastens beschreiben Modelle, wie 5 Tage normal essen und 2 Tage fasten oder im Wechsel einen Tag essen und den nächsten Tag fasten. Doch beides eignet sich nicht zur Langzeitanwendung und ist für die meisten Menschen im Alltag mit Familie und Beruf kaum eine praktikable Option. Außerdem schwächt sich die Verdauungskraft Agni, wenn längere Zeit überhaupt nichts gegessen wird, ebenso wie sich ein ungenutzter Muskel auf Dauer abbaut.

Vorteile des Intervallfastens

Das Intervallfasten bietet viele Vorteile und ist leicht in der Umsetzung, da zunächst nur auf die Zeitspanne und nicht auf komplizierte Ernährungsregeln geachtet werden muss. Menschen, die bereits schon Erfahrungen mit Heilfasten und dem kompletten Verzicht auf Nahrung gesammelt haben, kennen vielleicht eintretende Fastenkrisen, Hunger und Unwohlsein. Diese entstehen, wenn Toxine aus dem Fettgewebe mobilisiert werden und dann als sogenannte „Rückvergiftung“ zu entsprechenden Symptomen führen. Dies ist beim Intervallfasten nicht der Fall, da der Körper nicht in den Hungermodus übergeht.
Gleichzeitig profitiert das Verdauungssystem enorm von eingehaltenen Essenspausen, sodass hier Raum für Regeneration und Heilung entsteht und der Blutzuckerspiegel stabiler wird. Zusätzlich produziert der Körper mehr Wachstumshormon HGH, welches hilft Muskelmasse auf- und Fettmasse abzubauen. All diese Punkte unterstützen eine natürliche Regulation des Gewichts und verhelfen zu mehr Wohlbefinden und Leichtigkeit im Alltag.

Intervallfasten aus Sicht des Ayurveda

Im Ayurveda spielt die Art der Nahrungsaufnahme eine sehr große Rolle und trägt wesentlich zur Bekömmlichkeit der jeweiligen Mahlzeit bei. Beispielsweise soll in Ruhe und in einer schönen Umgebung gegessen und ausreichend gekaut werden. Darüber hinaus wird auch immer wieder auf ausreichende Abstände zwischen den Mahlzeiten hingewiesen, um das Verdauungssystem zu entlasten und die Nahrung komplett aufspalten zu können.
Lange Pausen von mehreren Stunden dienen somit der Aufrechterhaltung der Gesundheit und können helfen, das Gewicht zu reduzieren.
Wer dagegen häufig in kurzen Abständen isst, reduziert die eigene Verdauungskraft Agni, wodurch sich Toxine, also Ama vermehrt im Gewebe ablagern. Die Folgen zeigen sich beispielsweise durch Gelenkbeschwerden, Müdigkeit oder Darmträgheit.
Intermittierendes Fasten, wie das klassische 16:8, hilft also Ama abzubauen, während Agni angeregt wird. Somit eignet sich diese Form für die meisten Menschen hervorragend, um der eigenen Gesundheit etwas Gutes zu tun.

Im klassischen Fasten dagegen kommt es zu einer Abnahme der Verdauungskraft, weshalb der langsame Fastenausstieg überaus wichtig ist,, um Agni wieder schrittweise aufbauen zu können.
Daher wird aus ayurvedischer Sicht längeres Vollfasten, wie zum Beispiel die oben beschriebenen kompletten Tage des Nahrungsverzichts nicht empfohlen.
Nur durch ein gut funktionierendes Agni, kann Ojas, also Lebenskraft und Immunität entstehen.
Wer sich guter Gesundheit erfreut, bildet ständig Ojas und nur wenig Ama.
Wird dieses sensible Gleichgewicht durch zu häufige und schwere Kost gestört, entsteht statt Ojas zunehmend mehr Ama, was die Grundlage für die Entwicklung von akuten und chronischen Krankheiten schafft.

Intervallfasten und die Doshas

Je nach Konstitution gelingt manchen Menschen die Umsetzung leichter, während andere auf den ersten Blick Schwierigkeiten haben, solange nichts zu essen.
Menschen mit hohem Vata-Anteil benötigen häufiger kleine Portionen in kürzeren Zeitabständen und tolerieren lange Pausen eher schwer. In diesem Fall könnte das Intervall von 16 auf 12-13 Stunden gekürzt und die Pausen mit Vata-Tee unterstützt werden.
Auch für Pitta-betonte Personen mit ausgeprägten Hungergefühlen könnte es zunächst eine Herausforderung sein, erst nach 10 Uhr zu frühstücken. Hier kann es hilfreich sein, den Morgen mit wärmenden Tees und heißem Wasser zu starten, um den Magen zu besänftigen. Häufig verschwinden diese starken Hungergefühle in den ersten 2 Wochen der Umsetzung, wenn sich der Körper an die neue Situation gewöhnt hat.
Am leichtesten haben es Menschen mit einem großen Kapha-Anteil beim Intervallfasten. Ihr Agni ist morgens ohnehin noch schwach, häufig wird nur aus Gewohnheit gefrühstückt ohne richtiges Hungergefühl. Für diese Menschen ist es sehr leicht, das Frühstück einfach ohne großen Leidensdruck um ein paar Stunden zu verschieben. In diesem Fall wäre sogar eine Verlängerung des Intervalls auf 18 Stunden denkbar, insbesondere wenn gleichzeitig eine Gewichtsreduktion angestrebt wird.

Doshas

Die 3 Ernährungs- Archetypen im Ayurveda

Neben den 3 bekannten Doshas Vata, Pitta und Kapha werden auch bei der Ernährung 3 verschiedene Typen unterschieden: Yogi, Bhogi und Rogi.
Der Yogi zeigt das höchste Bewusstsein bezüglich der eigenen Ernährung, isst oft nur einmal am Tag und nur genau das, wonach sein Körper verlangt. Er pflegt einen asketischen Lebensstil und zieht Freude daraus, nur wenig zum Leben zu benötigen.
Der Bhogi dagegen ist ein Genießer, liebt das Essen und das Leben. Dabei genießt er jedoch in Balance 2-3 Mahlzeiten am Tag und erfreut sich guter Gesundheit.
Gerät der Bhogi aus dem Gleichgewicht, so gleitet er ab in Richtung Rogi. Ein Rogi ist der Kranke, der unkontrolliert isst und sich der eigenen Essgewohnheiten nicht (mehr) bewusst ist. Neben 3 Hauptmahlzeiten werden häufig viele Zwischenmahlzeiten in Form von Softgetränken, Süßigkeiten, Snacks und Alkohol konsumiert, wodurch Ama und Krankheiten entstehen.

Intervallfasten kann also helfen, wieder mehr Bewusstsein für die eigene Ernährung und Gesundheit zu schaffen und für mehr Leichtigkeit und Wohlbefinden sorgen.
Probieren Sie es doch einfach mal für einige Wochen aus!

 

Artikel als PDF herunterladen

 

Kommentare

    • Lieber Herr Breit,
      trinken Sie am besten immer zwischendurch das heiße Wasser, das macht es deutlich leichter und auch das Intervallfasten ist eine Gewohnheit, nach wenigen Tagen oder spätestens 1-2 Wochen geht es dann richtig leicht, besonders wenn das gestiegene Wohlbefinden zeigt, dass man auf dem richtigen Weg ist. Ich drücke Ihnen die Daumen für ein neues Durchhaltevermögen!
      Ihre
      Dr. Karin Pirc

  • Sonja Fuerstin von Sayn-Wittgenstein

    Es stimmt. 16/8 Essen Ist fantastisch. Das Gewicht reduzierte sich ganz von selbst ohne Diäten. Es dauert nur kurze Zeit von Frühstück ehemals 8 Uhr auf 11 Uhr zu verschieben. Und 19 Uhr ist meine Abendmahlzeit. Danke

  • Bettina Busenhart

    Danke für diesen Beitrag. Wie ist es, wenn ich am Morgen Sport mache? Kann da trotzdem ein Muskelaufbau stattfinden? Mir hat jemand gesagt, dass Intervallfasten kontraproduktiv sein, wenn man Muskeln aufbauen will, da dann Muskelmasse abgebaut wird, wenn man quasi mit Hunger Sport macht. Danke

    • Liebe Frau Busenhardt,

      da hat jemand offensichtlich Äpfel mit Birnen verwechselt.

      Es ist richtig, dass nach langem Vollfasten über Wochen Muskelmasse abgebaut wird. Das geschieht dann, wenn alle Fettreserven verbraucht wurden und beginnt meist nicht vor dem 6.-8.Tag, wenn man nur Wasser trinkt, sonst nix.
      Es ist richtig, dass Sport Muskelmasse aufbaut. Es ist nicht richtig, dass beim Überspringen einer Mahlzeit bereits Muskelmasse abgebaut wird, im Gegenteil, jede Bewegung baut Muskulatur auf und ein Körper hat beim Intervallfasten jede Menge Moleküle, die er dafür verwenden kann.

      Also; dann viel Spaß bei der Bewegung auf leeren Magen, die dann ganz besonders viel Ama verbrennt und besonders gut entgiftet.
      Ihre
      Dr. Karin Pirc

  • Sabine Kolakowski

    Alle reden nur von Gewichtsreduzierung .
    Es gibt auch Menschen die gern an Gewicht zulegen möchten.
    Wie ist das mit dem Intervallfasten bei uns?
    Ich möchte auf keinen Fall an Gewicht verlieren.
    Das Thema klingt interessant und ist mir gut verständlich.
    Ich habe das Fasten auch schon einmal probiert.
    Es ging mir ziemlich schlecht.
    Vielen Dank für Ihre interessanten Beiträge.
    Ich freue mich immer darauf wieder etwas zu lernen.

    • Liebe Frau Kolakowski,
      vielen Dank, da sprechen Sie ein wichtiges Thema an. Beim Intervallfasten essen Sie ja grundsätzlich nicht weniger, sondern lassen einfach nur mehr Pausen zwischen den Mahlzeiten, so dass Darm und Stoffwechsel generell besser bis zu Ende verdauen können, der Darm dadurch Zeit zum Regenerieren hat und der Körper zwischendurch mehr Ama (alle Arten von Stoffwechselrückständen) im Darm und Körperzellen abbauen kann.

      Sie schreiben leider nicht, in welcher Weise es Ihnen beim Fasten schlecht ging. Ich vermute mal, dass es zu abrupt gemacht wurde und ohne zwischendurch häufig heißes Wasser zu trinken; wenn das der Fall ist, hatten Sie mit der sogenannten Herxheimer-Reaktion zu kämpfen: einem stoßweise und schnellem Abbau dieser Stoffwechselablagerungen, was unangenehm sein kann: Müdigkeit, Erschöpfung, Kopfschmerz, dumpfer Kopf, Stimmungsschwankungen bis zu Schwäche mit depressiven Verstimmungen können dabei auftreten. All das wird beim Intervall fasten nicht vorkommen, da ja immer noch häufig und ausreichend gegessen wird.

      Liebe Grüße

      Dr. Karin Pirc

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert